
UN Open Source Week: Die Zukunft in Stand halten
Von Theresa Röcher
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Im Juni 2025 hat die Sovereign Tech Agency zum dritten Mal an der UN Open Source Week teilgenommen. Um den globalen Austausch über Zusammenarbeit und öffentliche Infrastrukturen mit praktischen Erfahrungswerten zu untermauern, haben wir eine Delegation von Open-Source-Expert*innen zusammengestellt. In verschiedenen Formaten betonten wir gemeinsam die zentrale Bedeutung offener Technologien und die institutionelle Verantwortung, diese aktiv zu gestalten.
Die UN Open Source Week wurde im Juni 2025 vom UN-Office for Digital and Emerging Technologies und dem UN-Office of Information and Communications Technology, in New York ausgerichtet. Sie brachte weltweit führende Akteur*innen an den Schnittstellen von Open Source, digitaler Governance und öffentlicher Innovation zusammen. Über 1.000 Teilnehmende aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft, NGOs, Regierungen und FOSS-Communities kamen für fünf Tage zusammen, um die Zukunft offener Technologien mitzugestalten und digitale Zusammenarbeit zu fördern.
Die Sovereign Tech Agency nahm zum wiederholten Mal an der UN Open Source Week teil, diesmal mit einem erweiterten Fokus. Aufbauend zur Teilnahme im letzten Jahr, organisierten wir ein Maintain-a-thon und brachten uns in mehreren Formaten ein, darunter ein Panel am OSPOs for Good-Tag sowie an community-getriebenen Side Events. Die Perspektive unserer Beiträge ist geprägt durch unsere Rolle als führende öffentliche Institution in Europa, die gezielt in kritische digitale Infrastrukturen investiert. Die strategischen Investitionen und unsere Programme gelten nicht nur innerhalb des Open-Source-Ökosystems als wegweisend, sondern auch als Beispiel dafür, wie Regierungen mit FOSS Communities zusammenarbeiten können. Die Sovereign Tech Agency investiert in kritische offene Technologien, die das Rückgrat der digitalen Infrastruktur des 21. Jahrhunderts bilden. Unsere Erfahrungen auf internationaler Bühne zu teilen, war uns ein wichtiges Anliegen. So konnten wir zeigen, wie die deutsche Bundesregierung konkrete Instrumente entwickelt, um digitale Infrastruktur langfristig zu stabilisieren und zu pflegen.
Unsere Delegation für die UN Open Source Week umfasste 11 Open-Source-Maintainer*innen, die in unterschiedlichen Ökosystemen an kritischer Infrastruktur arbeiten. Ihre Präsenz war entscheidend für unsere Mission: einen Raum zu schaffen, in dem Maintainer*innen bewährte Methoden austauschen, gemeinsame Herausforderungen sichtbar machen und ihre Praxiserfahrungen in umsetzbare Strategien übersetzen können.

Die Expert*innen Delegation der Sovereign Tech Agency
Maintenance sichtbar machen
Es war uns eine besondere Freude, den diesjährigen Maintain-a-thon gemeinsam mit Michael Winser von Alpha-Omega auszurichten. Dabei brachten wir Maintainer*innen, Contributor*innen und weitere Akteur*innen aus dem Open-Source-Ökosystem zusammen. Der Maintain-a-thon war als Unconference gestaltet: In mehreren Gruppen arbeiteten die Teilnehmenden an Themen, die den gesamten Lebenszyklus eines Open-Source-Projekts abdecken – von der Entstehung über langfristige Pflege bis hin zum Ende eines Projekts. Die Sessions wurden von den Expert*innen unserer Delegation geleitet, die Diskussionen moderierten und halfen, konkrete, umsetzbare Erkenntnisse in verschiedenen Themenbereichen herauszuarbeiten. Um nur einige Beispiele zu nennen:
Die Session „Security for the Long-Haul“, geleitet von Seth Larson, Security Developer-in-Residence bei der Python Software Foundation, beschäftigte sich damit, wie voll funktionsfähige Projekte trotz begrenzter Maintainer-Kapazitäten Sicherheitsmaßnahmen zuverlässig aufrechterhalten können. Themenschwerpunkte waren unter anderem aktuelle Konfigurationen und Tools, das Onboarding von neuen Contributor*innen für die langfristige Pflege sowie der Vertrauensaufbau zu Sicherheitsverantwortlichen.
Hier sind viele kluge Köpfe, die bekannte Probleme aus allen Blickwinkeln angehen. Zur UN zu kommen und solche gezielten Diskussionen zu führen, ist eine großartige Chance, die man nicht jeden Tag bekommt.
— Seth Larson, Security Developer-in-Residence der Python Software Foundation
Eine weitere Session, “Good First Issues”, geleitet von Sarah Hoffmann von OpenStreetMap, konzentrierte sich auf Strategien, um den Einstieg in Projekte leichter zu identifizieren und einfache Wege für neue Contributor*innen zu ebnen. Die Diskussion hob hervor, wie wichtig eine gute Dokumentation ist, sowie eine Plattform, die einen sicheren Raum bieten, um sich zu vernetzen, Fragen zu stellen und Vertrauen aufzubauen. Die Teilnehmenden erörterten außerdem Möglichkeiten, Eintrittsbarrieren zu senken, und betonten, dass wertvolle Contributions weit über das Coden hinausgehen.
Normalerweise treffen wir Maintainer*innen uns nur in unseren eigenen Communities. Hier treffen wir so viele andere und können strukturelle Probleme ansprechen und unsere Erfahrungen teilen, das ist wirklich wertvoll.
— Sarah Hoffmann, Maintainerin von OpenStreetMap
Dem Feedback zufolge war der Maintain-a-thon eine wirksame Gelegenheit für Maintainer*innen, die oft isoliert oder nur innerhalb ihrer eigenen Communities arbeiten. Obwohl sie in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, stehen viele vor ähnlichen strukturellen Herausforderungen. Einen gemeinsamen Raum zu schaffen, um Erfahrungen auszutauschen, häufige Probleme zu diskutieren und gemeinsam praktische Lösungen zu erarbeiten, förderte sowohl neue Erkenntnisse als auch Solidarität. Der "unconference"-Ansatz ermöglichte es den Teilnehmenden, nicht nur mit frischen Perspektiven nach Hause zu gehen, sondern auch mit konkreten, anpassbaren Maßnahmen, die sie in ihren eigenen Projekten umsetzen können. So konnten wir dazu beitragen, dass die Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit der Open-Source-Infrastruktur gestärkt wird.

Minh Nguyen trägt einen Sovereign Tech Agency Hoodie

Die Maintainer machen sich für den Start bereit

Mirko Swillus als Jury-Mitglied beim “Ahead of the Storm” Hackathon

Die Teilnehmenden des Maintain-a-thons

Qianqian Ye leitet die Session “Free Labor to Fair Labor” an

Eine der Arbeitsgruppen des Maintain-a-thons
OSPOs for Good Day: Open Source als strategische Priorität
Am dritten Tag der UN Open Source Week rückten Open Source Program Offices (OSPOs) in den Mittelpunkt – strategische Einheiten in Regierungen, Unternehmen und Institutionen, die den Austausch mit dem Open-Source-Ökosystem fördern. OSPOs spielen eine zentrale Rolle dabei, Zusammenarbeit zu ermöglichen, Open Source zu stärken und nachhaltige Strukturen in Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und anderen Organisationen aufzubauen.
Adriana Groh, CEO der Sovereign Tech Agency, nahm gemeinsam mit Dr. Wolfgang Gehring (Mercedes-Benz Tech Innovation), Miller Abel (Gates Foundation), Gabriele Columbro (Linux Foundation Europe) und Franck Greverie (Capgemini) an der Paneldiskussion „The Role of Open Source in Digital Public Infrastructure“ teil. Dort gab sie Einblicke in die Arbeit der Sovereign Tech Agency und die übergeordnete Vision, die uns leitet.
Den Ansatz, den wir als Agentur entwickeln, ist wie ein neuer staatlicher Muskel den wir trainieren: Wie können wir uns um offene digitale Infrastrukturen kümmern – nachhaltig, sicher und im Einklang mit unseren Werten.
— Adriana Groh, CEO der Sovereign Tech Agency
Sie betonte, dass Open Source die Grundlage moderner digitaler Infrastrukturen bildet und dass ihre Pflege und Weiterentwicklung als gemeinsame, kontinuierliche Verantwortung verstanden werden muss. Es geht nicht um punktuelle Fundings, sondern um langfristige, strategische Investitionen.
Digitale Souveränität ist eine globale Aufgabe, die nicht an Grenzen Halt macht. Digitale Infrastruktur verbindet uns alle, es ist ein gemeinsames Ökosystem.
— Adriana Groh, CEO der Sovereign Tech Agency
Adriana hob außerdem hervor, wie wichtig es ist, dass Regierungen nicht nur den Wert von Open Source erkennen, sondern auch verstehen, wie offener Code entsteht und gepflegt wird.
Als öffentliche Organisation handelt die Sovereign Tech Agency mit der Überzeugung, dass die Unterstützung von Open Source kein freiwilliges Engagement ist, sondern eine grundlegende Notwendigkeit. Das bedeutet, über projektbezogene Einzelfinanzierungen hinauszugehen und in dauerhafte Strukturen zu investieren, die das gesamte Ökosystem langfristig stärken.
Die vollständige Paneldiskussion ist auf UN Web TV verfügbar. Ab Minute 01:58:24:

Die Trusteeship Council Chamber der Vereinten Nationen

Von links nach rechts: Dr. Wolfgang Gehring, Franck Greverie, Adriana Groh und Gabriele Columbro
Die Side Events: Intensiverer Austausch in kleinerer Runde
Am letzten Tag der UN Open Source Week fanden zahlreiche von der Community organisierte Side Events statt, unterstützt von RISE Research Institutes of Sweden, OpenForum Europe und CURIOSS, ausgerichtet im PwC-Büro in New York.
Die Sovereign Tech Agency beteiligte sich mit der Session „Invisible Work, Critical Code“ in der die oft übersehene Arbeit hinter der Betreuung essentieller Open-Source-Infrastruktur thematisiert wurde. Basierend auf Erkenntnissen der Woche und des Maintain-a-thons, lag der Fokus auf der langfristigen Verantwortung der Maintainer*innen. Diese reicht von Security-Patches und Governance bis hin zum Umgang mit Burnout und Abhängigkeiten.
In einer Podiumsdiskussion mit Bastien Guerry von der französischen Interministeriellen Digitaldirektion (DINUM), Qianqian Ye von der Processing Foundation und Ruth Ikegah (CHAOSS / SDG Working Group) erörterten die Panelist*innen, wie Politik, Geldgeber und institutionelle Modelle sich verändern müssen, um nicht nur die Entstehung, sondern auch die langfristige Nachhaltigkeit offener digitaler Technologien zu fördern.

Von links nach rechts: Paul Sharratt, Ruth Ikegah, Qianqian Ye und Bastien Guerry
Parallel dazu nahm Adriana Groh am „Capacity Building“-Track an der Session „National Responsibility for Fundamental Technologies With Open Source“ teil, gemeinsam mit Maik Außendorf (ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestags), Frederik Blachetta und Dominik Lawetzky (PwC). Dort berichtete sie über die Entstehung des Sovereign Tech Funds und die Gespräche, die zu dessen Gründung führten. Dazu gab sie Einblicke, wie Deutschland Mechanismen schafft, um langfristige Verantwortung für offene digitale Infrastrukturen zu übernehmen.

Adriana spricht zu den Teilnehmenden

Von links nach rechts: Dominik Lawetzky, Maik Außendorf und Adriana Groh
Die Side Events boten einen kleineren Rahmen für fokussierte Themen und tiefere Dialoge. In den engagierten Diskussionen brachten die Teilnehmenden wertvolle Impulse ein, und viele gingen mit neuem Tatendrang nach Hause. Viele traten mit der Frage an uns heran, wie sie ihre eigenen Regierungen für strategische Investitionen ins Open-Source-Ökosystem überzeugen können. Ein Zeugnis dafür, dass der Wunsch nach Partizipation und für die Mitgestaltung unserer digitalen Infrastruktur wächst.
Was wir mitnehmen
Die Pflege von Open-Source-Komponenten, der Aufbau von Communities und Investitionen in die nächste Generation von Maintainer*innen sind unerlässlich für die Sicherung einer widerstandsfähigen digitalen Zukunft. Nur durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit kann diese Zukunft offen, fair und souverän bleiben.
Besonderer Dank gilt unserer Expert*innen Delegation für ihre wertvollen Erkenntnisse, Michael Winser und Alpha-Omega für die Unterstützung, Omar Moshine und seinem Team bei den Vereinten Nationen für die Zusammenführung so vieler wichtiger Teilnehmenden sowie PwC Deutschland und RISE für die Ausrichtung der Nebenveranstaltungen.